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42. Diffus fränkisch – aber: freiheitlich

Montag, 10. Mai 2010 | Autor:

Frankenlied

 


 

Erschienen in “franken – Magazin für Land und Leute”
Ausgabe März / April 2010

Die Veröffentlichung erfolgt Dank freundlicher Genehmigung
von Frau Sabine Kulemkampff

Diffus fränkisch, aber: freiheitlich

Zu den unzweifelhaften Verdiensten des Fränkischen Bundes gehört es, daß man das Thema Franken den Rechtsradikalen entrissen hat. In unserer kleinen Serie „Wer liebt eigentlich Franken und warum?” stellen wir diesmal also einen äußerst agilen und aktiven Verein vor, den Fränkischen Bund e.V.

Von Sabine Kulenkampff’

 

 

Er war von Anfang an dabei und engagiert: Joachim Kalb, Dipl. Ing. FH, Berufsschullehrer für Metallbau und Sozialkunde, verheiratet, drei Kinder. Der überzeugte Demokrat („Nur hier kann man sich wehren!“) las 1989, in der Frankenpost Hof einen Zeitungsartikel. Darin wurde gemeldet, dass es einen Verein mit dem Namen „Landsmannschaft Franken“ gäbe. Zunächst abgeschreckt durch den Namen „Landsmannschaft“, der an Schlesien oder sonstige Revanchistengruppen erinnerte, beobachtete Kalb weiter das Geschehen und trat gemeinsam mit seinem Kollegen Peter Purucker dem Würzburger Verein bei, als dieser im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung die durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Art. 29) angelegte Möglichkeit zur Neuordnung der Bundesländer zu einem Volksbegehren mit dem Ziel der Gründung des Bundeslandes Franken nutzen wollte. Kalb und Purucker gründeten 1990 den Kreisverband Oberfranken, versammelten schnell 150 Mitglieder (vor allem aus sozial-liberalem Umfeld) und änderten aus naheliegenden Gründen den Namen des Vereins auf Fränkischer Bund e.V. Die Namenswahl, so schmunzelt Kalb, der sehr viel Sinn für Humor hat und diesen bei seiner Sisyphos – Arbeit an der fränkischen Sache wohl auch braucht, wurde auch dadurch bestimmt, dass man den Frankenbund ein wenig ärgern wolle. Erst 2008 erfuhr er von der Zeitschrift „Der Fränkische Bund“, einer ab 1926 erscheinenden Kulturzeitung, die damals zur Förderung der fränkischen Kunst und Kultur in Bamberg gemacht, aber in den dreißiger Jahren von den Nazis abgeschafft wurde.

Regionalismus nicht Patriotismus
Kurze Zeit später – noch 1990 – erlebten die engagierten Oberfranken einen Schock: Aus einem Artikel in der TAZ erfuhren sie, dass unter den Würzburger Gründungsmitgliedern und im Vorstand der „Fränkischen Landsmannschaft“ mehrere Rechtsradikale waren, die den Republikanern und der NPD angehörten, daneben allerdings auch ein ahnungsloser SPDler…. Unter den nunmehr entlarvten war auch Uwe Meenen, der später den vom Verfassungsschutz als radikal eingestuften „Bund Frankenland“ gründete, der – obwohl nur etwa 20 Mitglieder umfassend – zum Beispiel in Gräfenberg durch neonazistische Umtriebe erhebliche Probleme macht. Mit demokratischen Mitteln arbeiteten die Vereinsmitglieder zusammen und setzten Meenen und Konsorten mit mehreren Misstrauensanträgen ab, schlossen die Rechten alsbald aus dem Verein aus. Die Vereinssatzung ist heute so gehalten, das Mitglieder radikaler Gruppierungen jederzeit aus dem Fränkischen Bund ausgeschlossen werden können. Ein weiterer prominenter Rechter, der ausgeschlossen wurde, war der NPD – Funktionär Jürgen Höhl aus Untersteinach. Es war ein hartes Stück Arbeit, berichtet Joachim Kalb, den Verein von Rechtsradikalen zu säubern. Jedoch ist hierin der vielleicht größte Verdienst des Fränkischen Bundes zu erblicken: Bereits Anfang der 1990er Jahre ist es auf diese Weise gelungen, das Thema Franken den Rechtsradikalen zu entreißen.

„Regionalismus heißt nicht Patriotismus!“ stellt Kalb klar, dessen Verein inzwischen auch Mitglied im Bündnis gegen Rechts ist. „Das Thema Franken gehört nicht in solche Hände!“ Er mahnt die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Kampfes gegen Rechts an; alle Demokraten seien dazu aufgerufen, sich gegen die in ihren Methoden subtiler werdenden Rechten abzugrenzen und diese zu entlarven.


 

Franken als europäische Region sichtbar machen. „Wir müssen die Interessen unserer Region im Zeitalter der Globalisierung innerhalb Europas vertreten!“ umreißt Kalb die heute vordringlichste Aufgabe des Fränkischen Bundes. Zwar hatte der Fränkische Bund nach Ausschluss der Rechten mit einem neuen Vertrauensmann, Dieter Ludwig, nochmals ein Volksbegehren zum Thema Bundesland Franken angestrengt. Doch scheiterte dieses vor dem Bundesverfassungsgericht.

Noch immer stehen die Mitglieder des Fränkischen Bundes zu der Überzeugung, dass Franken als eigenständige Region (Teile Thüringens und Baden-Württembergs einbeziehend) nach der im Grundgesetz verankerten möglichen Neuregelung der Bundesländer so viel Anspruch auf Eigenständigkeit haben müsste wie etwa das „Hybridland“ Rheinland-Pfalz, das nie ein eigenes Wappen besessen hatte. Die Durchsetzung eines Bundeslandes Franken jedoch steht nicht im Vordergrund der Arbeit des Vereins und wird nicht mehr verfolgt. Joachim Kalb verteidigt seine Gruppe gegen den Separatismusvorwurf. Separatismus hieße, ein Landesteil der Bundesrepublik – etwa Bayern – wolle sich verabschieden und einen eigenen Staat innerhalb Europas bilden. Hier geht es jedoch heute lediglich darum, den radikalen Münchener Zentralismus zu demaskieren und zu verhindern, das Bayern europaweit als geschlossene Region auftritt und die fränkischen Gebiete ins Hintertreffen geraten – so gehen beispielsweise EU – Fördermittel verloren, die in Franken dringend gebraucht würden, beispielsweise um die regionalen wirtschaftlichen Benachteiligungen auszugleichen und den daraus resultierenden voranschreitenden Bevölkerungsschwund, etwa in Oberfranken, zu bremsen. Als Beispiele für diese Nachteile führt Kalb an, wie die Oberfränkische Porzellanindustrie – z. B. die Traditionsfirma Rosenthal – ohne jeden Rettungsversuch der Bayrischen Staatsregierung zugrunde ging und dadurch ein wichtiger Arbeitgeber aus der Region verschwand. Hier hätte die rechtzeitige Etablierung von die Industrie beflügelnden Forschungseinrichtungen etwa die Umstellung der Produktion auf keramische Bremsbeläge vorbereiten und das Schlimmste verhindern können… Doch solche Forschungseinrichtungen gibt es zumeist nur im Raum München.

Kein Hass auf die Bayern
Auf keinen Fall, so Kalb, ginge es darum, einen Hass gegen Bayern zu schüren, das nutzt niemanden! Ein Ziel wäre es jedoch, die fränkischen Mandatsträger dazu zu bringen, in München konsequent für die Region einzutreten, in der sie gewählt wurden. Dies ist leider nicht selbstverständlich. Wer sich für Franken einsetzt, wird oft als Oppositionszugehöriger empfunden, was so aber nicht stimmt. Der Einsatz für die Region sollte über den Parteiinteressen stehen, doch wollen die meisten Politiker innerhalb Bayerns etwas werden und ordnen sich so im Zweifelsfalle den bayrischen Parteiinteressen unter. Insbesondere Unionsmitglieder können sich oft nur heimlich der Fränkischen Sache verschreiben, um keinen Karriereknick befürchten zu müssen! Hier versucht der Fränkische Bund als überparteilicher Verein ausgleichend einzugreifen, die MdLs aller Parteien auf regionale Treue zu verpflichten. Doch sollte das Engagement für die Region nicht nur Parteipolitikern vorbehalten sein, jeder Bürger sollte ein demokratisches Mitspracherecht haben und objektive Informationen zu fränkisch-regionalen Problemen erhalten können, auf deren Basis eine mündige Mitgestaltung des sozialen Lebens erst möglich ist.

Zur Zeit widmet sich der Fränkische Bund einem Problem, das fast zu lächerlich scheint um wahr zu sein, es aber dennoch ist. Es handelt sich um die Frankenfahne, den weiß-roten Rechen. Kaum zu glauben: Aber auf öffentlichen Gebäuden, zum Beispiel: Auf der Kulmbacher Plassenburg, darf sie nicht wehen. Selbst während des im Sommer bevorstehenden Tages der Franken wird hoch über Kulmbach nur das Wittelsbachsche weiß-blau zu sehen sein. Die Frankenfahne ist nicht erlaubt! Welche Ängste verbindet man wohl in München mit so einem Stück Stoff? Der Fränkische Bund, ebenso auch die Fränkische Arbeitsgemeinschaft und auch der Frankenbund, drei Franken liebende Gemeinschaften (die wir hier im Franken-Magazin nun nacheinander vorstellen werden), bemühen sich, dieser Farce beizukommen. Das ist übrigens nur eines von vielen Beispielen der wachsenden Zusammenarbeit dieser fränkischen Gruppierungen.

Der Fränkische Bund hat heute ca. 600 Mitglieder, die zumeist einen höheren Bildungsstand aufzuweisen haben. Er finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge. Es herrscht ein strenges Regiment – es gibt keine Karteileichen, wer seine Beiträge nicht zahlt, fliegt ebenso schnell raus wie politisch Verdächtige. „Unser Verein hat nichts zu bieten“ berichtet Kalb, „Wir bringen den Mitgliedern keine persönlichen Vorteile, keine Butterfahrten oder sonstigen Vergnügungen. Aber Leute, deren Einstellung unserem fränkischen Denken entspricht, sind willkommen, werden aufgeklärt und informiert.“ Dies geschieht durch die regelmäßige Zusendung eines Pressespiegels zu fränkischen Themen an die Mitglieder und Interessierten, die sich unter www.fränkischer Bund.de für den Newsletter anmelden. Die Organisationsform des Fränkischen Bundes bezeichnet Kalb als „diffus fränkisch – freiheitlich“. Unter Hinweis darauf, das die deutschen Freiheitsideale von 1848 vor allem in Franken Tradition hatten und weiter fanden (Kalb: „Franken gab den Hugenotten eine Heimat, in München durfte kaum ein evangelischer Bäcker einen Laden eröffnen“), wird die Gruppe von fünf gleichberechtigten Vorständen geleitet – jeder macht was er will und soviel er schafft! Ein derart freiheitlich organisierter Verein kann nicht leicht zerschlagen werden!

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Thema: Frankenseite

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3 Kommentare

  1. 1
    Max 

    Ein sehr interessanter Beitrag, der leider nicht von mir stammt, aber mir aus der Seele spricht, es lohnt sich wirklich ihn zu lesen, um über vieles in unserem Deutschland einmal nachzudenken:

    Bayern ist ein künstliches Gebilde, dass in erster Linie durch Kollaboration mit den Franzosen also mehr oder weniger durch Verrat künstlich erschaffen wurde. Dabei wurde ein uraltes Volk unfreiwillig ein Teil dieses Gebildes.

    Über die Medien (BR etc.) wurde über Jahre hinweg der Identitätsverlust der Franken versucht zu zerstören, zum großen Teil mit Erfolg.

    Franken sind nicht bayrische Landsleute, die fränkische Kultur ist viel älter und reicher als die bairische. Und es gibt keinen einzigen Grund warum das Bundesland nicht in Franken-Bayern umbenannt werden sollte oder gar ein eigenes Bundesland Franken bilden sollte. Angesichts von über 5 Mio Franken in Deutschland. Durch die Systematische Benachteiligung und Ausgrenzung sowie durch die mediale gesteuerte Unterdrückung, durch das Verbot die Fränkische Flagge auf der Nürnberger Burg und überhaupt öffentlich zu hissen, Und die Aufgezwungene Überprägung uralter Kultur, sowie dessen Ersatz durch Blau-Weisen Rautenkult und Weißwurst-Seppelismus wird der Hass auf Bayern immer größer werden und das zurecht.

    FREI STATT BAYERN!
    BUNDESLAND FRANKEN!

  2. 2
    intern 

    Herzlichen Dank für Ihre offenen Worte und die ehrliche Sicht der Dinge. Es bliebt zu hoffen, dass immer mehr Menschen erkennen, was da in München, Oberbayern und der Staatsregierung seit vielen Jahren abläuft. Ich hoffe, dass der fränkische Wähler langsam merkt, wie er von der sogenannten Volkspartei manipuliert wird. In 3 Jahren hat der fränkische Wähler endlich auch die Gelegenheit eine fränkische Partei zu wählen, die die fränkischen Interessen mit Herz vertritt.

  1. […] Merkwürdig wenig bestanden tiefere Beziehungen zwischen Kurbayern, dem eigentlichen Ober- und Niede…Chroust, der Würzburger Historiker, sagt einmal: „Durch ein Jahrtausend sind Franken am Main und die Baiern an der Donau Nachbarn gewesen und doch sind sie einander nicht näher gekommen. […]

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