66. BayernLB-Skandal: Kostet er 10.000 Euro pro Bürger?
Dienstag, 6. Juli 2010 | Autor: intern
Frankenlied
Wikipedia Foto Benson.by – BayernLB
Dass sich die Bayerische Landesbank verzockt hat und der Freistaat Bayern dafür einstehen muss, wissen viele. Jetzt gibt es aber neue Zahlen, die besagen, mit wie viel Euro jeder einzelne Bürger haften muss.
Anna kam am 2. März 2009 auf die Welt. Anna ist ein gesundes Kind mit roten Wangen – und 10000 Euro Schulden. Anna weiß natürlich nichts von ABS-Papieren, Subprime-Krise oder Gewährträgerhaftung. Trotzdem muss Baby Anna für die Verluste der Bayerischen Landesbank haften – so wie jeder Bürger Bayerns, vom Neugeborenen bis zum Greis.
Baby_R_by_Christian v.R._pixelio.de
Anna steht stellvertretend für alle Bayern, die im schlimmsten Fall mit bis zu 10000 Euro für den Schlamassel der Bayerischen Landesbank einstehen müssen. Dass auf den Freistaat durch das Milliardenloch der BayernLB neue Schulden zukommen würden, war bekannt – jetzt gibt es erstmals eine konkrete Zahl. Der Bund der Steuerzahler in Bayern hat diese Zahl folgendermaßen errechnet: Der Freistaat Bayern haftet insgesamt mit 124 Milliarden Euro für die BayernLB. Bei rund 12,5 Millionen Einwohnern sind das 10000 Euro Haftung pro Person. Für das Geld bekommt man schon einen Kleinwagen.
Niemand weiß, wie viel Geld die BayernLB noch braucht
Dieses Szenario muss nicht eintreten – aber niemand weiß, wie viel Geld die BayernLB noch braucht. Ein Jahr lang war der Schuldenstand im Freistaat sogar gesunken – ab jetzt läuft die Schuldenuhr wieder vorwärts. Pro Sekunde erhöht sich der Schuldenberg um 269 Euro, 25,5 Milliarden Euro sind es derzeit insgesamt. Pro Kopf beträgt die Verschuldung momentan 2038 Euro. Bis zum Ende das Jahres wird diese Zahl sogar auf 2605 Euro steigen, meint Rolf von Hohenhau, Präsident des Steuerzahlerbundes. Im schlimmsten Fall könnten noch bis zu 10000 Euro hinzukommen.
Schuldenuhr Bayern_R_by_ Alexander Hauk_pixelio.de
„Das verändert unser ganzes Land“, ist sich Hohenhau sicher:
„Viele Investitionen, die uns an die Spitze gebracht haben, können wir uns in Zukunft nicht mehr leisten – Investitionen ins Bildungssystem oder in den Straßenbau zum Beispiel.“
Der Vereinspräsident hat gegen die Landesbank-Vorstände Anzeige erstattet – vor drei Monaten. Passiert ist bislang nichts. „Bis zum heutigen Tag haben wir noch nicht einmal ein Aktenzeichen bekommen“, so Hohenhau. „Der Staat greift mit brutaler Härte bei kleinen Fällen zu, aber hier passiert nichts.“ Es sei jetzt höchste Zeit, dass sich Bayerns Justizministerin Beate Merk darum kümmert.
“Es geht um kein kleines Verfahren wie einen Diebstahl”
Das Justizministerium weist die Kritik auf AZ-Anfrage zurück: „Das Verfahren liegt nicht bei uns, sondern bei der Staatsanwaltschaft.“ Oberstaatsanwalt Anton Winkler meint, es gehe hier nicht „um ein kleines Verfahren wie einen Diebstahl.“ Momentan sei die Staatsanwaltschaft noch am Prüfen der Verdachtsmomente – dazu brauche man eben eine gewisse Zeit.
Inzwischen kommen neue Details zum Desaster der BayernLB ans Licht: Die Bank hat offenbar etliche Papiere mit US-Immobilienkrediten gekauft – und sie erst nach dem Kauf geprüft. Das geht aus einem Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young hervor, aus dem die SZ zitiert. Problematisch wurde das im Sommer 2007, als die interne Prüfungsgesellschaft der BayernLB die bereits gekauften Papiere für negativ befand – die Geldanlagen hatten inzwischen aber stark an Wert verloren.
Bayerns frühere CSU-Regierung hatte das Gegenteil behauptet:
Die Landesbank habe „hochwertige Papiere“ vor dem Kauf einer „detailierten Analyse unterzogen“.
Kasanobu Serdarov
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• Bayerische Landesbank: Die Geschichte vom Absturz (https://www.abendzeitung.de/nachrichten/90270)